Geistliches Jahresthema 2025

Nachdem wir in den letzten Jahren über die Themen „Berufung“, „Gebet“ und „tätiger Glaube“ nachgedacht haben, möchte ich in diesem Jahr mit Ihnen über das Thema „Gemeinschaft leben“ nachdenken.
Zum Wesen des christlichen Glaubens gehört es, dass er auf einer persönlichen Antwort auf das Heilsangebot Gottes beruht. Jeder von uns muss selbst hierzu „Ja“ sagen und es im täglichen Leben erneuern, denn der christliche Glaube ist ein Beziehungsgeschehen zwischen Gott und dem Menschen. Eine Beziehung aber ist nichts, was einmal begründet einfach so dauerhaft fortexistiert, sondern lebt aus der Kommunikation, aus dem Vollzug der Beziehung. Wir können dies am Beispiel menschlicher Freundschaften sehen: Wo es keine Kommunikation, keinen Kontakt mehr gibt, schläft die Freundschaft ein und stirbt letztlich ab. Ähnlich ist es mit unserer Beziehung zu Gott.
Gleichzeitig aber kann unser Glaube nur in der Gemeinschaft der Kirche verwirklicht werden. In der Taufe wurden wir ja alle in den mystischen Leib Christi eingegliedert, der die Kirche ist. (Vgl. Kol 1,24) So sind wir mit Christus, dem Haupt des Leibes verbunden, aber auch untereinander, als Brüder und Schwestern im Herrn. Es kommt nicht von ungefähr, dass Christus uns in dem christlichen Gebet schlechthin lehrt, „Vater unser“ zu sagen, und verspricht: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)
So verwirklicht sich das Christsein im Wechselspiel von individuellem Glauben und gemeinschaftlicher Verwirklichung, steht also stets im Spannungsfeld von Individualität und Kommunität.
Ähnlich verhält es sich auch mit unserer Ordensmitgliedschaft: Sie beruht auf unserem Familiarenversprechen bzw. Gelübde, das wir auf den Anruf Gottes hin gegeben haben. Aber dieses Versprechen kann nur in der Gemeinschaft des Ordens verwirklicht werden, als Vertiefung und Konkretisierung unseres Taufversprechens, so wie es das GEBET UM TREUE schön formuliert, das sich in unserem Ordensproprium findet:
„Lass mich allzeit wissen, dass ich nicht nur mir selbst und meinem Gelöbnis, sondern als Glied des mystischen Christi dir die Treue schulde.“ (Ordensproprium, S. 31)
Dies muss aber seinen Ausdruck im gemeinschaftlichen Leben finden. Daher lesen wir in den Durchführungsbestimmungen zum Familiarenstatut:
„Die Familiaren nehmen an Veranstaltungen und Feiern ihrer Ballei und Komturei teil und genießen Gastrecht in anderen Komtureien, und sie können zu Veranstaltungen der Brüder und Schwestern eingeladen werden.“ (FamD 72)
Und weiter:
„Soweit es möglich ist, feiert die Familiarengemeinschaft der Komturei regelmäßig die Eucharistie, insbesondere an den Hochfesten des Ordens. Die Familiaren nehmen an der Feier der Aufnahme (Investitur) teil; sie sollen sich auch an Prozessionen oder anderen religiösen Feiern beteiligen, an denen Familiaren des Ordens korporativ teilnehmen oder zu denen sie als Abordnung entsandt werden. Beim Tod eines Ordensmitgliedes oder eines Familiaren sollen sie an den Begräbnisfeierlichkeiten teilnehmen. Darüber hinaus feiert die Komturei für jeden verstorbenen Familiaren eine Hl. Messe.“ (FamD 75)
Was aber für den einzelnen Familiaren gilt, das gilt auch für das Familiareninstitut als Ganzes: Nur in der Gemeinschaft mit den Brüdern und Schwestern kann es wirklich „Institut der Familiaren des Deutschen Ordens“ sein. Daher hält die Brüderregel zur Verwirklichung der Aufgaben des Ordens in Kirche und Welt fest:
„Dieses Ziel streben Brüder, Schwestern und Familiaren in enger Zusammenarbeit an. Sie stehen damit in der Nachfolge Christi, um mitzuwirken an seinem Erlösungswerk.“ (BR 7)
Dies wird in den Durchführungsbestimmungen zum Familiarenstatut ausbuchstabiert:
Die Familiaren tragen die Traditionen des Ordens mit und wissen sich seiner Einheit verpflichtet. Sie stehen in einem besonderen Treue- und Loyalitätsverhältnis zum Hochmeister und zum gesamten Orden. Sie verfolgen seine Ziele und Aufgaben: die Treue zur katholischen Kirche und den Dienst christlicher Nächstenliebe, das mutige Bekenntnis und die Verbreitung des Glaubens sowie die christliche Gestaltung des privaten und des öffentlichen Lebens.“ (FamD 73)
Und weiter lesen wir:
„Sie unterstützen den Orden in seiner karitativen Tätigkeit, in der Pflege der Kranken, der Alten, der Armen und Hilfsbedürftigen in den sich wandelnden Formen der sozialen Fürsorge, in Werken der religiösen Erziehung der Kinder, der Jugend- und der Erwachsenenbildung, in der kulturellen und wissenschaftlichen Arbeit (vgl. BR 6, LR5).“ (FamD 74)
Diese Zusammengehörigkeit kommt besonders sinnfällig im Namen der Mitglieder des an den Orden angegliederten Institutes zum Ausdruck: „Familiare“ bedeutet „zur Familie gehörend“.
Die Familiaren sind also Teil der „Ordensfamilie“ des Deutschen Ordens – ein Begriff, den unser hochwürdigster Herr Hochmeister gerne verwendet, um das Gesamt des Ordens aus Brüdern, Schwestern und Familiaren zu beschreiben. Dem entspricht auch die Anrede „Confrater“ – „Mitbruder“ bzw. „Consoror“ – „Mitschwester“. Es geht also um eine enge geistliche Verwandtschaft und Verbundenheit, die durch die Zugehörigkeit zum Orden begründet wird.
Diese geistliche Verwandtschaft und Verbundenheit soll im Täglichen ihren Ausdruck im Gebet finden. Deshalb sind alle Glieder des Ordens – unabhängig von der Form ihrer Mitgliedschaft – verpflichtet, täglich die Ordensfürbitten zu beten, in den wir Gottes Erbarmen erbitten für die Kirche, den Orden und für alle Menschen, mit denen wir zu tun haben, Freunde wie Widersacher. (Vgl. BSt 18, LR 5, FamD 76)
Aber sie muss sich auch darüber hinaus im Leben des Einzelnen verwirklichen. Denn das Familiareninstitut kann seinen Auftrag, die Brüder und Schwestern in ihrem Wirken zu unterstützen und so am Aufbau des Reiches Gottes mitzuwirken, nur dann erfüllen, wenn seine Mitglieder dies in die Tat umsetzen. Das setzt aber voraus, dass der und die Einzelne am Leben der Gemeinschaft teilnimmt und sich aktiv in diese einbringt.
So stellen sich Fragen, die jeder für sich beantworten muss:
Wie wichtig ist mir die Gemeinschaft der Familiaren und des Ordens? Was und besonders wieviel Zeit ist sie mir wert?
Gerade mit Blick auf die Teilnahme am Jahreskonvent der Ballei (in diesem Jahr waren 81 von ca. 460 Familiaren anwesend) und an der Investitur ist da meines Erachtens noch viel Luft nach oben. Ähnliches wird vermutlich auch für die Veranstaltungen der Komtureien gelten. Wenn nur die fehlen würden, die durch Alter oder Krankheit entschuldigt sind, dürften die Teilnehmerzahlen deutlich höher ausfallen.
Und weiter:
Wie kann ich mich konkret in den Orden einbringen? Mit welchen meiner Talente und Fähigkeiten kann ich seine Sendung in der Welt unterstützen, um zu erfüllen, was ich bei meiner Investitur auf die Frage des Hochmeisters „Was erbitten Sie von Gott und seiner Kirche?“ gesagt habe:
„Ich bitte als Familiare [Familiarin] der Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem aufgenommen zu werden, um Christus und seiner Kirche zu dienen.“ (Rituale des Deutschen Ordens, S. 203)
Als Gebet zum diesjährigen Jahresthema möchte ich Ihnen das oben erwähnte GEBET UM TREUE vorschlagen. Auch dieses kann gut mit dem täglichen Familiarengebet kombiniert werden und steht praktischerweise im Ordensproprium direkt darüber (Ordenproprium, S. 31)1:
GEBET UM TREUE
Herr, ich bitte dich um die Treue, die stärker ist als der Tod. Du, der getreue Gott, bist Urbild und Urgrund aller menschlichen Treue. Lass mich allzeit wissen, dass ich nicht nur mir selbst und meinem gegebenen Gelöbnis, sondern als Glied des mystischen Leibes Christi dir die Treue schulde. In dieser Treue will ich bezeugen, dass mein Versprechen wahr ist und dass ich in meinem Sein und Tun ganz zu dir stehe. Schenke deinen Segen, Herr, und vollende in mir das Werk, das du begonnen hast. (Amen.)
Möge Gott – auf die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, unserer Schutzfrau von Anbeginn, sowie unserer Patrone Elisabeth und Georg – in uns die Treue zum Glauben und zum Orden stärken, damit die Gemeinschaft der Brüder, Schwestern und Familiaren immer mehr zu einem Zeichen der Liebe und der Einheit für die Welt wird.